Am letzten Montag, dem 28.07.2013, wurde in sechsstündiger Sitzung des Studierendenrates, der an der Uni das Parlament der Studierenden ist, ein neuer AStA (Allgemeiner Studierendenausschuss, quasi die Regierung) gewählt. Nach 13 Monaten in zuletzt drei AStA-Referaten gehören wir diesem nun nicht mehr an, sondern werden das kommende Jahr in der Opposition versuchen, die Arbeit des AStA kritisch zu begleiten. Da dieser AStA – wie auch wir im vergangenen Jahr – keine absolute Mehrheit im Studierendenrat hat, wird die Opposition die AStA-Politik voraussichtlich entscheidend mitbestimmen können. Auch organisatorische Fragen wie das Fortbestehen der faktisch nicht mehr nachgefragten AStA-Druckerei oder wie es mit dem AStA-eigenen Kfz-Verleih weitergeht (dessen Situation nicht viel besser ist, im Gegenteil), werden im kommenden Jahr im SR diskutiert werden müssen.
Die Tatsache, dass die Liste Die PARTEI am letzten Montag den neuen AStA mit ihren vier Stimmen mitgewählt hat (und dafür praktisch nichts bekommen hat), lässt natürlich offen, ob diese Liste sich bei künftigen Abstimmungen im Sinne der Studierendenschaft entscheiden wird. Wir hoffen allerdings, dass sich die Vertreter*innen dieser Liste bei den wichtigen Fragen nicht opportunistisch verhalten werden, sondern vernünftige Entscheidungen treffen.
Ein AStA von Studierenden – für Studierende?
Die Zusammensetzung des neuen AStA beruht auf einem Bündnis aus acht sich überwiegend als links(radikal) verstehenden Listen: Campus Grün (Kürzel: CG, 3 Sitze), Liste der Studiengangsaktiven (LiSA, 2), Wok & Pfanne (1, Scheinliste von LiSA), Basisdemokratische Linke (BaLi, 1), Studiengangszusammenschluss Jura (Stuzu Jura, 1), Sozialistisch-demokratischer Studierendenverband (Die Linke.SDS, 1), Queer-Feministische Liste (1) und die Liste „Vielfalt im Studierendenausschuss“ (ViStA, 1). Aus deren Reihen wurden am Montag die Referate Antidiskriminierung, Befreiungsfragen & Soziale Bewegungen, Hochschulpolitik, Gewerkschaft & Universität, Kritische Wissenschaft, Kultur & Sport, Soziales & Politische Bildung sowie der Vorstand (zwei Vorsitzende + Finanzreferat) besetzt.
Ein Referat, das sich um die alltäglichen Probleme von Studierenden z. B. in Prüfungsfragen widmet, fehlt komplett. Es scheint, als wolle die AStA-Koalition für dieses in ihren Augen eher lästige Aufgabenfeld unsere Kolleg*innen von AStA für Alle (AfA) gewinnen, für die sie noch zwei Referate „freigelassen“ haben. Es sieht aber so aus, als ob diese eher nicht noch einmal in Verhandlungen einsteigen wollen.
In dieser Referatsstruktur gibt es zwar durchaus Potential für interessante politische Projekte – ob ein wirklicher Mehrwert für die Studierendenschaft durch diesen AStA geschaffen werden kann ist jedoch abzuwarten. Es fehlt in jedem Fall die Diversität, ein Referat für Ökologie beispielsweise fehlt komplett, obwohl es eine Liste, die sich „grün“ nennt in dieser Koalition gibt. Weiterhin scheint es in den Reihen der Koalition keine*n zu geben, der*die sich mit Dozent*innen und Prüfungsordnungen auseinandersetzen will. Diese Arbeit soll dann lieber anderen überlassen werden. Dennoch ist es wahrscheinlich erst einmal angebracht, dem neuen AStA etwas Zeit zu geben, damit er sich einen Überblick darüber verschaffen kann, welche Aufgaben, die vielleicht noch nicht bedacht wurden, im Tagesgeschäft überhaupt so anfallen.
Spannend wird es, zu beobachten, ob sich die verschiedenen Arbeitsweisen und Vorstellungen, die die neuen Koalitionär*innen mitbringen, auf einen gemeinsamen Nenner bringen lassen. LiSA hat beispielsweise einen sehr „konsensorientierten“ Entscheidungsfindungsansatz, der offenbar darin mündet, dass so lange diskutiert wird, bis nur noch eine handvoll Leute da sind, die sich dann natürlich leichter auf einen Kompromiss einigen können. Ob das mit den anderen 7 bzw. 6 Listen kompatibel sein wird, wird sich zeigen.
Darüber hinaus sieht der LiSA-Ansatz eigentlich vor, eher keine Gespräche mit Rektorat und der Politik™ zu führen, was aus unserer Sicht jedoch unbedingt notwendig ist, da der AStA die Lobby der Studierenden sein sollte. Eine Beschränkung auf eine aktivistische Arbeitsweise lässt viel Potential brach liegen. Auch hier wird es spannend, zu beobachten, welcher Ansatz sich durchsetzt.
Das letzte Problemfeld ist das liebe Geld. Der letzte AStA aus dem Spektrum der linken Listen hat nach seiner Abwahl 2010 in den letzten Wochen noch einmal Zehntausende Euro (zu viel) ausgegeben, um dem neuen AStA maximal zu schaden (siehe Wirtschaftsprüfbericht des Rumpfhaushaltsjahres 2010, Seite 79ff). Weiterhin ist es offenbar der Stil der Listen um LiSA, so viel Geld wie möglich in die Stadt umzuleiten, was natürlich dann für Projekte an der Uni fehlt. Da der neue Finanzreferent (von Campus Grün) jedoch recht kompetent und integer wirkt, ist es eher unwahrscheinlich, dass so etwas noch einmal passiert. Fakt ist aber, dass Menschen aus dem Spektrum der linken Listen teilweise rücksichtslos sind, wenn es darum geht, politischen Gegner*innen zu schaden. Das hat sich auch im diesjährigen SR-Wahlkampf gezeigt, wo diffamierende Sticker und Fake-Plakate gedruckt wurden und die Wahlwerbung der Listen des alten AStA an manchen Tagen komplett entfernt wurde. Das ist ziemlich schade, weil es nicht nur dem Image von Hochschulpolitik schadet und Klischees bestätigt, sondern auch linke Politik diskreditiert. Wenn zu solchen Mitteln gegriffen werden muss, um die eigene Meinung durchzusetzen, wirkt es, als ob sonst nicht viele Argumente vorhanden sind. Ein herrschaftsfreier Diskurs sieht anders aus.
Wir werden im kommenden Jahr unser Bestes geben, um das destruktive Potential im neuen AStA zu begrenzen und die Kräfte, die eine positive Entwicklung der Hochschulpolitik an der Uni Bremen im Sinn haben, zu unterstützen. Wir hoffen, dass der SR im Gegensatz zu den letzten Jahren ein Ort der engagierten Debatte wird, in dem die Zukunft der verfassten Studierendenschaft konstruktiv gestaltet wird. Die Opposition hat genug Rechte – gerade, wenn sie wie in unserem Fall in der Mehrheit ist – um den AStA ins Schwitzen zu bringen, die jedoch auch genutzt werden wollen. Wir werden die Mittel, die wir haben, um die AStA-Politik mitzugestalten, definitiv nutzen und freuen uns auf ein spannendes Jahr!